Erhaltung von Münzen
Für die Werteinschätzung einer Münze ist die Erhaltung entscheidend. Folgende Erhaltungsstufen werden in Münzkatalog-Online unterschieden:
Die häufig im Zusammenhang mit Sammlermünzen erwähnten Begriffe "Polierte Platte" und "Spiegelglanz" sind keine Erhaltungsstufen, sondern Bezeichnungen für Herstellungsverfahren, bei denen die Stempel und/oder Ronden vor dem Prägen poliert werden. Einer Münze, die beispielsweise in "Polierte Platte" ausgegeben wurde, kann demnach ebenfalls eine der oben genannten Erhaltungsstufen zugeordnet werden. Nach Ausgabe wird eine solche Münze häufig in Erhaltung ST vorkommen. Doch schon durch nachträgliche Reinigung hinzugefügte Haarlinien, kann die Erhaltung auf SS reduzieren.
Stempelglanz
Der Begriff "Stempelglanz" ist ein Prädikat für die bestmögliche Erhaltung industriell hergestellter Münzen. Die Münze darf keine Kratzer oder sonstige mit
bloßem Auge (bei 100% Sehfähigkeit) sichtbare Oberflächenverletzungen besitzen. Die Ronde ist perfekt in der vorgesehenen Form (meist rund) erhalten und das Motiv zentrisch aufgeprägt.
Randschäden sind nicht zu sehen. Der Prägeglanz ist vollständig vorhanden. Die Details des erhabenen Teils des Motivs sind vollständig sichtbar. Der verwendete Stempel sollte noch recht frisch sein
und keine Defekte aufweisen. Die Münze ist absolut makellos. Natürlich gewachsene Patina darf vorhanden sein und sollte ein gefälliges Aussehen aufweisen. Oberflächenveränderung durch die Säureeinwirkung
von Fingerabdrücken ist unerwünscht. Im amerikanischen Gradingsystem spiegelt diese Erhaltung den Bereich MS65-MS70 wider (MS=Mint State).
Beispiel für die Erhaltung "Stempelglanz":
Der Begriff "Stempelglanz" für die bestmögliche Erhaltung für ein Stück ist irreführend, da dieser Erhaltungszustand vielfach durch die angewendeten Produktionsmethoden nicht erreichbar ist.
In vorindustrieller Zeit (daher vor Mitte des 19. Jahrhunderts) wurden einzelne Prozessschritte in der Herstellung von Münzen in Handarbeit durchgeführt. Je mehr Handarbeit im Produktionsprozess
angewendet wird, um so mehr Abweichungen treten zur Ideal-erhaltenen, industriell gefertigten und in Stempelglanz erhaltenen Münze auf. Eine alte Münze kann wie frisch geprägt vorkommen und kann dennoch
nicht die Kriterien für ein modernes Stempelglanzstück erreichen. Eine antike Römermünze beispielsweise kommt fast nie perfekt rund vor, weil die Ronden per Hand aus dem Blech geschnitten wurden.
Hier erreicht schon die Form der Münze nicht die vermutlich gewünschte runde Form. Es stellt zudem eine Besonderheit dar, wenn das Motiv durch die manuelle Hammerprägung zentrisch auf die Ronden aufgebracht wurde.
Ein weiteres Beispiel ist die bis Ende des 19. Jahrhunderts
vorkommende Justierung zu schwerer Ronden. Das Abschaben von Material vor der Prägung führte nach dem Prägevorgang teilweise zu flau wirkendem Motiv und tiefen Kratzern auf der Münze. Durch den Justiervorgang, der vor
dem Prägen stattfand, entsteht das Aussehen einer schlecht erhaltenen Münze, obwohl die Münze möglicherweise nie im Umlauf war. Aufgrund dieser Abhängigkeit zwischen der Produktionsmethode und
der damit erreichbaren Idealerhaltung, kommt es vor, dass Stücke als in Stempelglanz erhalten bezeichnet werden, obwohl sie deutlich schlechter aussehen als eine moderne Stempelglanz-Münze.
Zudem muss beachtet werden, dass der Begriff Stempelglanz doppelt verwendet wird. Einseits wird er als bestmöglicher Erhaltungsgrad verwendet und andererseits bezeichnet er eine Oberflächeneigenschaft einer geprägten Münze,
die unter hohem Druck entsteht, wenn ein Stempel das Material der Ronde zum gewünschten Motiv umformt. Bei einer gegossenen Münze entsteht beispielweise keine Oberflächenstruktur, die mit dem Stempelglanz einer
geprägten Münze vergleichbar ist. Dennoch kann eine gegossene Münze den Erhaltungszustand "Stempelglanz" erreichen.
Empfehlung: Als Vorbild für die Erhaltung "Stempelglanz" sollte eine perfekt erhaltene Industrieprägung des 20./21. Jahrhunderts angesehen werden. Produktionsbedingte Abweichungen von diesem Ideal
führen zu einer Herabstufung der Erhaltung.
Vorzüglich - Stempelglanz
Eine Münze die Vorzüglich bis Stempelglanz erhalten ist, hat herstellungsbedingt minimale Kratzer erhalten. Dies kann z.B. passieren, wenn die Münzen nach dem Prägen in ein Sammelbehältnis fallen oder
kurzzeitig im Zahlungsverekehr verwendet werden. Auch die unsachgemäße Behandlung in den Ausgabestellen, sorgt dafür, dass aus einem ST kurz nach der Prägung schon ein VZ-ST wird. Um diesen Effekt zu
vermeiden, werden Sammlermünzen bei manchen Prägestätten manuell aus der Prägemaschine genommen und verpackt (handgehoben).
Der Prägeglanz muss bei VZ-ST-Münzen vollständig vorhanden sein. Alle Details der Prägung müssen sichtbar sein. Kleinere Patina-Unregelmäßigkeiten in Folge von Fingerabdrücken dürfen vorhanden sein.
Im Handel werden auch die Bezeichnungen "Bankfrisch", "Unzirkuliert" und "Fast Stempelglanz" verwendet. Im amerikanischen Gradingsystem spiegelt diese Erhaltung den
Bereich MS60-MS64 wider (MS=Mint State).
Beispiel für die Erhaltung "Vörzüglich - Stempelglanz":
Im Bild sieht man Aversseitig einen Kratzer im Feld, wie er üblicherweise entsteht, wenn die Münze nach dem Prägen in ein Sammelbehältnis fällt.
Nicht selten sieht man sogar die Zacken des Randes der
herabstürzenden 2-Euro-Münze.
Vorzüglich
Eine vorzügliche Münze hat durch kurzen Umlauf leichte Kratzer erhalten und ist miminal fleckig geworden. Der Prägeglanz muss in großen Teilen vorhanden. Die Details sind vollständig vorhanden.
Im Handel kommt VZ mit den Ergänzungen + oder - vor. In der Regel handelt es dabei um eine subjektive Aufwertung, bzw. Abwertung auf Basis der Menge der Kratzer. Auch die Bezeichnung "fast
unzirkuliert" ist zu finden. Im amerikanischen Gradingsystem spiegelt diese Erhaltung den Bereich XF40-AU58 wider.
Beispiel für die Erhaltung "Vorzüglich":
Anhand des Bildes sieht man die leicht dunklere Färbung in den Feldern, die durch Säureeinwirkung der Fingerabdrücke entstanden sind. Die Münze ist daher für kurze Zeit im Umlauf gewesen. Sie war aber noch
nicht so lange im Umlauf, dass der Prägeglanz verschwunden ist. Der Prägeglanz ist somit in weiten Teilen erhalten geblieben. Ein markanter schmaler Kratzer über der "2" sowie mehrere punktuelle schwarze
Verfärbungen sind sichtbar.
Sehr Schön - Vorzüglich
Die Münzen hat bei einer SS-VZ-Erhaltung durch längeren Umlauf zahlreiche auch tiefere Kratzer erhalten. Die Prägung darf an den erhabenen Stellen angegriffen sein. Der Prägeglanz ist in geschützten Vertiefungen noch vorhanden.
Im Handel wird dieser Erhaltungsgrad häufig als SS+ oder VZ- oder fVZ bezeichnet.
Ob Defekte an den erhabenen Stellen Folge des Umlaufs sind, ist häufig nicht eindeutig zu klären. Es gibt auch scheinbar minimal angegriffene, erhabene Stellen, die beispielsweise Folge eines
verbrauchten Stempels oder einer Prägeschwäche sind. Einige Erhaltungssysteme unterscheiden hier zwischen Schwächen die während des Prägens entstanden sind und Schäden die nach dem Prägen
entstehen. In dem hier verwendeten Erhaltungssystem wird dies nicht unterschieden. Ein nicht scharf ausgeprägtes Motiv sieht genau so schlecht
aus wie an angegriffenes Motiv und ist vom Erhaltungsgrad gleichzusetzen. Auch kräftige Justierspuren werten die Erhaltung der Münze genau so ab, wie kräftige Kratzer, die durch Umlauf oder Polieren entstanden sind.
Beispiel für die Erhaltung "Sehr schön - Vorzüglich":
Im Bild sieht man, dass die Münze zahlreiche Kratzer hat, die sowohl im Feld als auch auf erhabenen Teil des Motivs zu finden sind. Der Prägeglanz ist in großen Teilen angegriffen und aber in den Vertiefungen,
zwischen den Buchstaben noch vorhanden. Der Rand hat ein paar minimale Kerben erhalten. Die Frisur wirkt etwas unscharf, wobei man nicht unterscheiden kann, ob dies bedingt durch den Umlauf
so aussieht, oder ob schon der Stempel keine höhere Detailierung zulässt. Genau so verhält es sich beim Wappenschild auf dem Adler. Die Federn sehen aus, als ob sie nur wenig vom Umlauf in
Mitleidenschaft gezogen wurden. Die Kreuze auf dem Wappenschild wirken aber recht verbraucht oder schwach ausgeprägt.
Sehr Schön
Eine "Sehr Schöne" Erhaltung bei Münzen ist die klassische Erhaltung, die durch langen Umlauf im Bargeldverkehr entsteht. Die Münzen haben durch den Transport in Geldbörsen und Kassensystemen
zahlreiche, tiefe Kratzer erhalten. Durch die Säuren im Schweiß der Hände verfärbte sich die Oberfläche. Der Prägeglanz ist verschwunden. Die erhabenen Stellen des Motivs weisen Abrieb auf. Das Motiv
muss aber komplett sichtbar sein. Im amerikanischen Gradingsystem spiegelt diese Erhaltung den Bereich VF20-VF35 wider.
Beispiel für die Erhaltung "Sehr Schön":
Im Bild sieht man, dass die einst golden-glänzende Münze einen ockerfarbene, matte Färbung erhalten hat. Das Reversmotiv weißt in der Mitte Detailschwächen auf. Im gesamten Motiv sind zahlreiche Kratzer verteilt.
Schön - Sehr Schön
Wenn eine Münze durch den Umlauf so viel Abrieb erfahren hat, dass die ersten Details verschwinden, dann sinkt die Erhaltung auf "S-SS". Das gesamte Motiv und alle Buchstaben müssen allerdings noch sichtbar sein.
Der Randstab darf angegriffen sein und muss aber rundherum noch deutlich sichtbar sein.
Beispiel für die Erhaltung "Schön-Sehr schön":
Im Beispiel sieht man, dass auf dem Revers in der Mitte das Wappenschild nur noch in Kontur sichtbar ist. Die vier Felder sind fast verschwunden. Auch das Kronenkreuz ist nicht mehr sichtbar.
Auf dem Avers ist das Kopfbild noch deutlich sichtbar, allerding sind Frisur und Bart abgeflacht und haben kaum noch Struktur. Der Randstab hat ein paar kräftige Dellen. Die Perlen vor dem
Randstab und der Randstab selbst sind deutlich abgeflacht.
Prägeglanz ist keiner mehr sichtbar. Auch in den geschützten Vertiefungeen der Buchstaben ist kein Prägeglanz zu sehen.
Schön
Eine Münze mit Erhaltungsgrad "schön" ist eigentlich gar nicht mehr so schön, wie es das Wort vermuten lässt. Das Motiv und die Buchstaben müssen noch vollständig sichtbar sein. Die Details des Motivs sind aber
weitestgehend verschwunden. Der Randstab ist partiell schon so reduziert, dass er mit dem Münzgrund auf einer Ebene liegt. Kratzer können in Teilen wieder durch den Abrieb ausgeglichen sein.
Im amerikanischen Gradingsystem spiegelt diese Erhaltung den Bereich F12-F15 wider.
Beispiel für die Erhaltung "Schön":
Im Bild sieht man deutlich, dass der Adler und das Kopfbild kaum noch Struktur haben. Eine Frisur beim König ist nur noch in der Silhouette sichtbar. Die Adlerfedern sind nur noch in der Vertiefung erahnbar.
Die Randperlen auf dem Avers sind fast verschwunden und der Randstab nähert sich dem Münzgrund. Auch die Kanten der Buchstaben sind so abgenutzt, dass die Schrift fast in den Münzgrund übergeht.
Diese Münze war sehr lange um Umlauf.
Sehr Gut
Eine "sehr gut" erhaltene Münze ist ganz und gar nicht sehr gut erhalten. Eigentlich ist "schlecht erhalten" eine treffendere Bezeichung. In dieser Erhaltung verliert die Münze schon Teile
des Motivs. Das Fehlen von Teilen des Motivs darf aber nicht dazu führen, dass die Münze nicht mehr identifiziert werden kann. Sowohl die Münze als auch das Münzdetail (Jahrgang, Prägestätte, ...) müssen
eindeutig identifizierbar sein. Der Großteil des Motivs und der Buchstaben müssen durch Umrisse identifizierbar sein. Details sind kaum noch sichtbar. Der Randstab kann verschwunden sein.
Im amerikanischen Gradingsystem spiegelt diese Erhaltung den Bereich VG8-VG10 wider.
Beispiel für die Erhaltung "Sehr gut":
Bei der gezeigten Münze sieht man Aversseitiig, dass einige Buchstaben nicht mehr zu sehen sind. Man kann sie aus den verbliebenen Buchstaben schlussfolgern, aber nicht mehr sehen. Die Jahreszahl ist noch zu sehen,
so dass die Münze eindeutig indentifiziert werden kann. Der Randstab ist beseitig abgenutzt.
Gut
Für Münzen die "gut" erhalten sind würde man im normalen Sprachgebrauch eher eine "sehr schlechte" Erhaltung zuweisen. Dennoch muss eine gut erhaltene Münze eindeutig identifizierbar sein.
Eine ggf. vorhandene Jahreszahl oder Kürzel von Prägestätte und Produktionskürzel müssen sichtbar oder eindeutig aus dem Rest des Motivs ableitbar sein. Ein Teil des Motivs und der Buchstaben muss durch
Umrisse identifizierbar sein. Details sind in der Regel nicht mehr sichtbar. Im amerikanischen Gradingsystem spiegelt diese Erhaltung den Bereich PO1-G6 wider.
Beispiel für die Erhaltung "Gut":
In der Beispielabbildung sieht man, dass der Aversschriftzug und Teile des zentralen Motivs nahezu verschwunden sind. Der Landesname ist nicht mehr lesbar. Die Identifikation ist nur noch indirekt über das etwas
besser erhaltene Reversmotiv und die noch sichtbaren Teile des Nominals möglich. Die Jahreszahl ist noch klar zu erkennen, was eine detaillierte Bestimmung der Münze ermöglicht. Der Randstab auf dem Avers ist
komplett verschwunden.
Gering
Eine gering erhaltene Münze ist eine Münze, deren Münzdetail nicht mehr eindeutig identizierbar ist, weil die wesentlichen Teile des Motivs abgenutzt sind (Jahreszahl, Prägestätte, ...).
Es muss aber wenigstens soviel Motiv erkennbar sein, dass die Münze bestimmbar ist. In manchen Bewertungssystemen werden Münzen als gering erhalten bezeichnet, wenn die Ronde massiv
z.B. durch Bohrungen, Ösen, gestopfte Löcher und Prüfstellen verändert wurde. Diese starke Abwertung wird in diesem Bewertungssystem nicht vorgenommen. Diese Art der Beschädigungen
reduzieren ganz klar die Erhaltung, aber sie senken die Erhaltung nicht grundsätzlich auf "gering" ab.
Beispiel für die Erhaltung "Gering":
Die hier gezeigte Münze ist durch das Nominal und das Monogramm noch eindeutig identifizierbar. Allerdings fehlt auf dem Avers durch Verschleiß die Jahreszahl vollständig wodurch das Münzdetail
nicht mehr bestimmbar ist. Aus diesem Grund ist die Münze nur noch gering erhalten.